An mehr als jedem zweiten Schulweg in Deutschland gibt es in puncto Verkehrssicherheit etwas auszusetzen. Neun Prozent der Schulwege sind sicherheitstechnisch sogar mit der Note mangelhaft zu bewerten.
Kommunen, Schulbehörden, Polizei und besonders Eltern müssen daraus Konsequenzen ziehen. Zu diesem Schluss kommt der ACE Auto Club Europa nach Auswertung einer am Donnerstag in Stuttgart veröffentlichten Studie.
Unter dem Motto „Schulweg-Doktor“ hatte der Club im letzten halben Jahr bundesweit 283 Schulwege gemeinsam mit kommunalen Verkehrssicherheitsorganisationen vor Ort unter die Lupe genommen. „Wir sind besorgt: Unsere Diagnose über den Zustand der Wege zwingt vielerorts jetzt zu einer wirksamen Therapie für mehr Verkehrssicherheit“, sagte der Leiter der ACE-Unfallverhütungs-Kampagne, Bruno Merz. Falls es auf den vom ACE inspizierten Schulwegen wider Erwarten künftig zu Unfällen kommen sollte, sei dies nach menschlichem Ermessen allerdings nur in den wenigsten Fällen auf einen Mangel der straßenbaulichen Gegebenheiten oder auf eine ungenügende verkehrsrechtliche Beschilderung zurückzuführen. „Vielmehr sind es die Eltern selbst, die mit ihren teils riskanten automobilen Hol- und Bringdiensten Kinder oftmals aufs höchste gefährden.“ Viele Eltern verursachten mit ihren Autos vor Schulen regelrechte Straßenblockaden. Sie parkten in teilweise rabiater Manier Gehwege zu und ließen ihre Kinder zur Straßenseite hin aussteigen und fahrlässig in den Verkehr laufen. Bruno Merz fügte unter Hinweis auf gleichlautende Aussagen über elterliches Fehlverhalten in zahlreichen Inspektionsberichten hinzu: „Es ist erschreckend und ärgerlich zugleich, dass so viele Eltern in ihrer Rolle als Vorbild offenbar versagen.“
Für Merz liegen die Risiken von Schulwegen deshalb auch „nicht so sehr im altersgemäßen Verhalten der Kinder oder darin, ob sie mit mehr oder weniger schicker Schutzbekleidung angezogen sind“. Das müsse man zwar im Auge behalten, sei aber nicht der alles entscheidende Punkt. Der liege vor allem im Verhalten der Erwachsenen. Bruno Merz: „Wenn Erwachsene die Verantwortung für Unfallverhütung auf Kinder abladen, machen sie es sich zu einfach.“ Und weiter: „Schulwege werden nicht dadurch sicherer, dass die Mama den Sohn mit dem Auto zur Schule chauffiert.“
Der ACE-Sprecher hob weiter hervor, dass auch der Gesetzgeber gefragt sei, wenn es um mehr Schulwegsicherheit gehe. So gebe es lediglich in vier Bundesländern gesetzliche Vorschriften zur Entwicklung von Schulwegplänen.
Und auch den schulischen Elternbeiräten empfiehlt der ACE, sich mehr zu engagieren. Lediglich an 18 Prozent der untersuchten Schulen gibt es Schulweg-verantwortliche in den Elterngremien. „Schulwegsicherung darf nicht zu einem Thema nur bei der Einschulung verkümmern“, betonte Bruno Merz, der selbst Vater von zwei Kindern ist. „Insbesondere mit dem Wechsel nach der vierten Klasse entstehen – mit neuen Schulwegen – neue Herausforderungen und Risiken für unsere Kinder.“
Langer Mängelkatalog
Beispielhaft listete der ACE folgende typische Sicherheitsmängel an den inspizierten Schulwegen auf:
– mangelhafte Beschilderungen
– fehlende Zebrastreifen oder Druckknopfampeln
– problematische Parkraumorganisation
– fehlende Tempolimits
– fehlende Schülerlotsendienste
Erfreut zeigte sich der ACE über die oft bekundete Bereitschaft vieler Kommunen und Schulbehörden, gemeinsam an einer Verbesserung der Schulwegsicherheit zu arbeiten und Mängel abzustellen. „Jetzt kommt es darauf an, dass Politik und Verwaltung ihre Zusagen im Interesse der Schulkinder zügig einlösen“, sagte Bruno Merz. Sein Club werde jedenfalls am Ball bleiben. www.ace-online.de
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